Glückbringende Engelsköpfchen
Zur Sicherheit habe ich sie alle angegriffen, die 29 vergoldeten Köpfe der Schutzengelchen, die mich vom Gitter an der Grablegungsszene an der Ostseite der Pilsner Bartholomäuskirche anschauten: lieblich lächelnd die einen, ernst und gravitätisch wie romanische Ministatuen die anderen, skeptisch und nachdenklich die dritten, als wüssten sie meine geheimsten Gedanken zu lesen. Und ich war nicht die Einzige, die mit dem Engelchen-Anfassen etwas Glück zu ergattern suchte. Einer der kleinen Köpfe ist vom vielen Angreifen schon ohne Goldfarbe. So viele Bittsteller gibt es. Nicht nur in Pilsen.
Drei der 29 Engelsköpfchen an der Bartholomäuskirche |
Ich bin also angekommen. Endlich. Glücklich, aber nicht ganz reibungslos. Ein paar Dinge sind noch zu regeln, bevor ich ernstlich an die Arbeit gehen kann. Zum Schreiben und Recherchieren bin ich noch nicht recht gekommen, zum Fotografieren schon. Daher hier als erste Eindrücke einige Fotos.
Der erste Rundgang, noch am Ankunftsabend, war
natürlich zur Náměstí Republiky, dem breiten, weiten Ring im Herzen der
Altstadt.
Dann kamen Rund- und Quergänge, immer wieder um
und über den Hauptplatz mit seinen faszinierenden Häuserfassaden aus mehreren
Jahrhunderten, der Pestsäule und seinen drei hochmodernen goldenen Brunnen…
Bewegte Häuserfassaden am Ring |
Die Pestsäule aus dem 17. Jahrhundert |
Einer der hochmodernen drei goldenen Brunnen am Ring |
... auch die 293 (oder sind es 298?) Stufen zur
Aussichtsterrasse der Bartholomäus-Kathedrale hinauf ...
Blick vom 103 m hohen Glockenturm der Bartholomäuskirche auf das Rathaus (links) |
... zum alten Stadttheater ...
Das Stadttheater (hier der Eingangsportikus) trägt den Namen des in Pilsen gestorbenen tschechischen Dramatikers Josef Kajetán Tyl (1808–1865). |
... und zum Neuen Theater
... und zu den Grünanlagen an der Pallova mit den bunten Fantasiekreaturen zur Freude von Kindern (und Erwachsenen).
Das Nové divadlo wurde im Herbst 2014 eröffnet. |
... und zu den Grünanlagen an der Pallova mit den bunten Fantasiekreaturen zur Freude von Kindern (und Erwachsenen).
Auch ein paar Begegnungen habe ich schon
gemacht:
mit Helmut Winter, einem Pilsendeutschen, der
mir gleich beim ersten Mittagessen in der traditionsreichen Gastwirtschaft U
Salzmannů Bier (was sonst schon!) trinkend gegenübersaß und mir in nächster
Zeit mehr über sich und die Deutschen in Pilsen und Umgebung erzählen wird,
mit einem Roma-Straßenmusikanten, mit dem ich
mich auf Romanes recht gut verständigen konnte.
Wie unendlich viel wird hier in Pilsen, meiner
Heimstätte für die kommenden fünf Monate, auf mich zukommen! Und ich fühle mich
schon fast wie zu Hause. Bald werde ich mein Lieblingscafé finden, wie bei
Jolanda und Artan im heimatlichen Pergine Valsugana. Zum espresso am Vormittag und zum turek
am Nachmittag. Auch mit dem Autofahren in der Innenstadt mit den verwirrenden
Einbahnstraßen komme ich gut zurecht. Da noch viel gebaut und verschönert wird
(hoffentlich rechtzeitig zur Ankunft der Touristenströme, die Plzeň sich als Evropské hlavní město kultury 2015
erwartet), darf man hier und da ein Verbotsschild übersehen, ohne dass die
PolizistInnen einem gleich nachpfeifen. Auch das gehört zu den Freundlichkeiten
der diesjährigen Kulturhauptstadt Europas.
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