Von Suppen und anderen Genüssen
So bin ich, nach einem gut einmonatigen italienischen Heimaturlaub, wieder im Lande. In meiner alten, neuen Heimat Böhmen. Wo sich nichts geändert hat. Pilsen liegt wie eh und je an fünf Flüssen, bei meiner Anfahrt wurde ich, wie immer, vom hohen, spitzen Glockenturm der Bartholomäuskathedrale begrüßt, und die Einheimischen sind, wie eh und je, freundlich-reserviert.
So bin ich, nach einem gut einmonatigen italienischen Heimaturlaub, wieder im Lande. In meiner alten, neuen Heimat Böhmen. Wo sich nichts geändert hat. Pilsen liegt wie eh und je an fünf Flüssen, bei meiner Anfahrt wurde ich, wie immer, vom hohen, spitzen Glockenturm der Bartholomäuskathedrale begrüßt, und die Einheimischen sind, wie eh und je, freundlich-reserviert.
Pilsen mit (rechts) dem Glockenturm der Bartholomäuskirche |
Ich bin, trotz aller guten Vorsätze, immer noch keine rechte Biertrinkerin
geworden, bin aber eine Suppenschlemmerin. So konnte ich mir das
„Festival polévky“ nicht entgehen lassen, das „Suppenfestival“, mit dem das
dreimonatige Straßenfestival „Živá ulice“ („Lebendige Straße“) zu Ende ging. Da wurden Gemüse und
Kartoffeln zerkleinert, Schinken und Kutteln in Stücke geschnitten, es wurde gehackt
und geschnitzelt, roch nach Zwiebeln, Knoblauch und gebratenen Würsten (mein
Hund Zampa wusste nicht mehr, wo er hinriechen sollte), und in den – so wird erzählt – eigens aus Ungarn
herangeschafften Vierzig-Liter-Kesseln brodelten bald Suppen in allen Farben
und Geschmacksvarianten. Zwölf Restaurants, Bistros und Vereine präsentierten
tschechische und slowakische Suppen, aber auch italienischen Minestrone,
französische Zwiebelsuppe, marokkanische Harira und Spezialitäten aus Indien
und Südamerika.
Alles bereit zum Suppenfestival „Festival polévky“ |
Suppen in allen Farben ... |
Die internationale Suppengourmetwelt hatte sich am Pilsener Hauptplatz ein
Stelldichein gegeben, und bei dieser Gelegenheit lernte ich gleich zwei
Leidenschaften der Pilsener (der Tschechen?) kennen: das Suppenessen und das
Schlangestehen. Die erste Passion teile ich mit ihnen, die zweite nicht, und
ich habe, ehrlich gesagt, große Geduld aufbringen müssen, um fast eine halbe
Stunde in der Schlange auf meine Suppe zu warten. Was sich aber lohnte. Die mit
großzügigen Wurststücken und Rahm angereicherte Sauerkrautsuppe „Andělská
zelňačka“ war wirklich köstlich und bekam auch meine Stimme: Schließlich wurde
sie von der Organisation Pilsen2015 präsentiert, der ich als Stadtschreiberin
verpflichtet bin.
Schlangestehen für eine Suppe |
Der Pilsener Hauptplatz Náměstí Republiky sprach heute Tschechisch, die
Stadt aber Deutsch in den unterschiedlichsten Dialektvarianten. Deutsch waren
die überall geparkten Touristenbusse, auf Deutsch wurde in Cafés und
Restaurants bestellt, auf Deutsch die Stadtführungen gehalten. Es stimmt also,
was ich schon in Zeitungen und Online-Nachrichten gelesen habe: dass die
westböhmische Hauptstadt viel, ja sehr viel mehr Touristen aus
deutschsprachigen Ländern anzieht als in den Vorjahren. Die eifrig und
offensichtlich geschickt gerührte Werbetrommel der Europäischen
Kulturhauptstadt hat wohl den gewünschten Erfolg erbracht. So bleibt nur
zu hoffen, dass es der westböhmischen Metropole gelingt, auch das Image
der Nur-Bier-und-Industrie-Stadt abzuschütteln. Was aber nicht leicht sein
dürfte, solange Einheimische und in der Stadt Ansässige „Bier“ und „Ṧkoda“ als
Symbolbegriffe für Pilsen anführen.
Diese allerdings nicht überraschende Entdeckung habe nicht ich gemacht,
sondern sie ist (auch) das Fazit der Ausstellung „Tvář Plzně“, „Das Antlitz von
Pilsen“. Acht einheimische Künstler zeigen im DEPO2015 sehr realistische
Porträts von normalen Pilsenern und Wahl-Pilsenern, um – wie es im
Ausstellungskatalog heißt – „Pilsen in seiner alltäglichen Vielfalt“ zu präsentieren.
Jan Uldrych, Pavel Süssenbek |
Jiří Bouma, Miriam Jandáková |
Die dargestellten Personen stimmen bei aller Unterschiedlichkeit in Herkunft und
Lebensweise aber eben doch darin überein, dass sie in der Mehrheit „Bier“ als
Synonym für Pilsen anführen. Und „Škoda“. Was auf
Deutsch „schade“ bedeutet und ich auch für sehr schade halte. Denn Pilsen ist
doch – was ich schon mehrmals unterstrichen habe – mehr und reicher als sein
Ruf.
P.S.: Ich hätte niemals gedacht, dass „meine“ Kulturhauptstadt mir und
meinem Hund Zampa so schnell ein Denkmal setzen würde. Mit einer Bronzeskulptur
der tschechisch-kanadischen Künstlerin Lea Vivot, deren realistische Arbeiten
auf Pilsener Plätzen und Promenaden zum Interagieren und Fotografieren einladen.
Lea Vivot, Butterfly (links) |
Detail einer anderen Lea-Vivot-Skulptur |
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen