Grenzen überbrücken
Heute war ich mit Šárka spazieren. Ihre Rauhaardackelhündin Topinka und mein
Promenadenmischling Zampa verstanden sich auf Anhieb gut. Und auch Šárka und ich
verstanden uns gut.
Šárka
Krtková ist eine 35jährige,
hübsche Pragerin, die in Chemnitz „Europäische Integration“ (sprich:
Politikwissenschaft) studiert und ihren Bachelorabschluss dann in Germanistik
und Russistik in Pilsen gemacht hat. Seit einigen Monaten kümmert sie sich für
die Kulturhauptstadt Pilsen 2015 um grenzüberschreitende Projekte – wobei die
Grenze in diesem Fall die zwischen Westböhmen und Bayern ist. Eine Grenze, so habe ich den Eindruck, die immer weniger
besteht. Sie erzählt, in sehr gutem, schön tschechisch gefärbtem Deutsch, mit
Begeisterung von dem Vielen, was sich auf diesem Gebiet tut: die erfolgreichen
Bayerischen Kulturtage, die im April über die Bühne gegangen sind, der
Austausch von Kunstschülern („In der Kunst werden Sprachbarrieren leichter
überwunden“), deutsch-tschechische Sommercamps mit Sprachanimation und viele
andere Initiativen.
Von der Papierfabrik zur Kulturfabrik an der Radbuza: In Pilsen gärt es. |
Wassersport auf der Radbuza, eine Leidenschaft der Pilsner |
Wir gingen lange an der Radbuza (Aussprache: Radbusa) spazieren, diesem
Fluss mit dem wunderschönen Namen, der nach verzauberten Mädchen und Wasserfeen
klingt und den die Pilsner (geschweige denn die Touristen) bis vor Kurzem kaum
wahrgenommen hatten. Wie sich die Einheimischen auch kaum bewusst sind, dass
sie in einer Vier-Flüsse-Stadt leben. Von Westen her schlängelt sich die Mže heran, aus dem Süden
Radbuza, Úslava und Úhlava. Und wo Mže und Radbuza sich treffen, verlieren sie ihre Namen und
werden zum fünften Fluss Pilsens: zur Berounka, die über Moldau und Elbe in die
Nordsee entwässert. Pilsen und Hamburg
durch das Wasser verbunden. Und durch das Bier, das in beiden Städten,
Hochburgen des Bierbrauens, seit Jahrhunderten aus hoffentlich gutem Wasser
gewonnen wird.
Pardon, Šárka,
ich bin jetzt ein bisschen vom Thema der grenzüberschreitenden Projekte, das
dir zu Recht so am Herzen liegt, abgekommen. Aber in die Radbuza bin ich
verliebt und werde ein anderes Mal noch von ihr erzählen. Und das Bier musste
ich ja irgendwann einmal erwähnen. Schließlich ist und bleibt Pilsen – trotz
aller kulturellen Fermente und Gärungsprozesse (um es mit Brauausdrücken zu
sagen), die es als Europäische Kulturhauptstadt auf die Beine bringt – doch
„die“ Stadt des Biers.
Auch die traditionsreiche städtische Badeanstalt, die demnächst eröffnet, wird zur Kleinkunstbühne. |
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