Sonntag, 31. Mai 2015

Das Roma-Festival „Khamoro“




Eine junge Roma-Schönheit
 

 Roma bleiben unter sich

Wenn sie auf der Bühne stehen, werden sie verherrlicht und mit Beifall überschüttet: wegen ihrer schönen Stimmen, ihrer virtuosen Geigen- und Gitarrenkunst, ihrer Musik, die aus der tiefsten Seele kommt und die Seelen anrührt. So war es auch hier in Pilsen beim dreitägigen Roma-Festival „Khamoro“. Es hatte bunt und laut begonnen, mit improvisierten Auftritten und Mal- und Schmuck-Workshops im Park vor der Měšťanská beseda ...

 





... und es ging farbig und mit bester Roma-Gipsy-Musik zu Ende, mit Auftritten von Angelo Debarre & Marius Apostol aus Frankreich, der Mahala Rai Banda aus Rumänien, der Gruppe Ilo aus Russland und der tschechischen Band Kale, die die zur „Queen of Romany“ gekürte tschechische Folk-Pop-Sängerin Věra Bílá begleitete. Die Roma und ihre Vertreter wurden fotografiert, gefilmt und interviewt.


Die russische Roma-Gruppe Ilo bei der Generalprobe am Pilsner Hauptplatz
Roma stellen sich zu Interviews

Für einige Stunden gehörte das Stadtzentrum den kinderreichen, dunkelhäutigen Roma-Familien. Und die Anerkennung und Bewunderung für die Roma-Künstler auf der Bühne galt ihnen allen. Den Roma, dem stolzen, rätselhaften und doch so normalen Volk der Roma.

Inzwischen sind sie – ich meine das begeisterte Roma-Publikum – als cikáni wieder nach Hause zurückgekehrt, in ihre bescheidenen Sozialwohnungen, da sie sich – ohne Arbeit – keine schöne Mietwohnung leisten können. Und vielleicht ist es ihnen auch lieber so. Da sind sie wenigstens unter sich, und niemand beklagt sich, wenn die Musik vielleicht etwas zu laut ist und an Feiertagen gegrillt wird. 

Als hätte sie schon tausend Jahre Leiden erlebt

Auch heute, am „Evropský den sousedů“, waren sie unter sich. Der Husovo náměstí gleich neben den Škoda-Werken war einer der Plätze, an denen der Europäische Nachbarschaftstag begangen wurde. Der Hus-Platz liegt in einem Pilsner Roma-Viertel – um nicht zu sagen: Roma-Ghetto. Sicher, sie sind nicht eingeschlossen wie in einem Ghetto, können kommen und gehen, wie sie wollen. Aber sie sind ausgeschlossen aus der „normalen“ Pilsner Gesellschaft, aus dem „normalen“ Leben.


Ich war, von ein paar Organisatoren abgesehen, eine der wenigen „Weißen“, die zu diesem Fest der nachbarlichen Verständigung auf den Platz mitten im Roma-Viertel gekommen waren. Die Roma-Mütter und Großmütter waren stolz auf die ersten Tanzdarbietungen ihrer Töchter und Enkeltöchter, die Roma-Väter und Großväter verfolgten kritisch die ersten Boxkampf-Versuche ihrer Kinder und Enkel. Frauen saßen mit Frauen auf den im Kreis aufgestellten Stühlen, Männer standen mit Männern in Gruppen im Park. Und alle vergnügten sich.

Der Sport als Möglichkeit sozialen Aufstiegs
 
Der einzige Störenfried war vielleicht ich. Aber als sie merkten, dass ich Romanes verstand, hörten sie auf, mich misstrauisch anzuschauen. Doch so recht ins Gespräch kamen wir nicht. Nein, Arbeit gebe es keine für einen Roma, viele Personen lebten in kleinen Wohnungen zusammen: Mehr war aus dem jungen Mann nicht herauszubringen. 

Drei Roma-Generationen
 

Ich zitiere aus einer kürzlichen Umfrage in Tschechien: Die Anzahl der Personen, die es für richtig und möglich halten, dass alle Minderheiten gemäß ihrer überlieferten Kultur und Tradition leben sollten, ist in einem Jahr von 46 auf 31 Prozent gesunken. Mehr als zwei Drittel der tschechischen Bevölkerung möchten demnach auch den Roma das Leben als Roma – als Volk mit eigener Geschichte, eigener Kultur und eigenem Brauchtum – verbieten.

Und die anderen gut 30 Prozent? Wollten sie sich mit ihrer Antwort nur tolerant zeigen oder würden sie die Roma auch tatsächlich als gute Nachbarn akzeptieren? 






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