Montag, 15. Juni 2015

Ruhe für Körper und Seele


Ein meditativer Sonntag ohne Meditationsgarten

Gestern – es war ein heißer Junisonntag – wollte ich einmal einfach etwas für Körper und Seele tun. Mich ausruhen und mich meinen Gedanken überlassen. Was wäre da geeigneter gewesen als der Meditationsgarten in Pilsen? Ein geruhsamer Spaziergang an der Radbuza entlang bis zum Eingangstor des Meditační zahrada. Aber „Tady ne!“ ist das unerbittliche Verbot der Dame an der Kasse, die auch noch unmissverständlich auf das Hundeeintritts-Verbotsschild verweist: „Tady ne!“, „Hier nicht!“ Was ja auch verständlich ist. Wenn alle Hundebesitzer in den Meditationsgarten kämen ...


Der mir verschlossene Eingang zum Meditationsgarten

So muss ich mir meine Informationen zu Luboš Hruška und seinem Werk aus dem Internet holen: Der gebürtige Pilsner (1927–2007) war 1949 beim Versuch, die tschechoslowakische Grenze zu überschreiten, verhaftet und zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Während der er zum katholischen Glauben fand. Nach seiner Entlassung aus der Haft legte er auf seinem Obstgarten im südlichen Stadtviertel Doudlevec nach und nach einen Park an, mit einem Garten zur Meditation über den Leidensweg Christi, einem Kreuzweg mit zwölf Sandsteinplastiken, einer dem heiligen Maximilian Kolbe geweihten Kapelle: ein Denkmal den Opfern des Bösen, das heute dem Bistum Pilsen gehört.


Eine der von Roman Podráyský geschaffenen Sandsteinstatuen im Meditationsgarten

Kein Eintritt zum Meditationsgarten also für mich (beziehungsweise für meinen Hund). Ein meditativer Sonntag aber sollte es werden. Blieben als Alternative eine Kirche oder ein Friedhof. Ich hatte schon eindrucksvolle Aufnahmen vom verheerenden Hochwasser des Jahres 2002 gesehen, vom Kostel svatého Jiří, von der Kirche St. Georg, die wie ein Insel aus den gelbbraunen, drohenden Fluten aufragte, an der Mündung der Úslava in die Berounka im nordöstlichen Teil Pilsens. 

 
Wie eine Insel: die Kirche St. Georg beim verheerenden Hochwasser im August 2002 in Pilsen

Also fahre ich zu diesem Bauwerk, das als eine der ältesten, da noch vor der ersten Jahrtausendwende gegründeten Kirchen Böhmens gilt. Auf einem kleinen Hügel die mehrmals umgebaute Kirche mit dem gotischen Chor und dem barocken Zwiebelturm, ringsum die Flussauen, die zum Sonnen einladen. Aber die Pilsner scheinen andere Sonntagsausflugsziele zu haben. Bis auf eine Handvoll Ruhesuchende und ein paar Radfahrer sind die Wiesen leer. 

Kostel svatého Jiří, die Kirche St. Georg

Blick durch das Eingangstor zum Friedhof

Ich genieße den Blick auf das Wasser, denke beim Anblick dieser heute faul und gemächlich dahinziehenden Flüsse daran, wie es hier bei der Überschwemmung vor 13 Jahren ausgesehen haben mochte, als alle in der Ebene gelegenen Stadtteile von Pilsen überflutet waren. 




Die Berounka bei der Kirche St. Georg in Pilsen



Bei der Rückfahrt kehre ich in ein restaurace ein und lasse mir Hähnchenbrust in Kartoffelpufferteig schmecken, eine köstliche tschechische Spezialität. Bramboráky, Kartoffelpuffer, sind seit meiner Kindheit meine Leidenschaft, und jetzt weiß ich auch, wie man darin Hühnerbrustschreiben brät.

Und als Abschluss eines absolut erholsamen Sonntags dann vom Balkon meiner Pension ein Bilderbuchsonnenuntergang.





1 Kommentare:

Geschichtsinteressierte hat gesagt…

tolle Fotos, und schade, daß Sie nicht in den Meditationsgarten konnten, der ist bestimmt sehr schön,
hätte mich interessiert.
Gruß S.B.

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