Ein meditativer Sonntag ohne Meditationsgarten
Gestern – es war ein heißer Junisonntag – wollte ich einmal einfach etwas
für Körper und Seele tun. Mich ausruhen und mich meinen Gedanken überlassen.
Was wäre da geeigneter gewesen als der Meditationsgarten in Pilsen? Ein
geruhsamer Spaziergang an der Radbuza entlang bis zum Eingangstor des Meditační zahrada. Aber „Tady ne!“ ist
das unerbittliche Verbot der Dame an der Kasse, die auch noch unmissverständlich auf
das Hundeeintritts-Verbotsschild verweist: „Tady ne!“, „Hier nicht!“ Was ja
auch verständlich ist. Wenn alle Hundebesitzer in den Meditationsgarten
kämen ...
Der mir verschlossene Eingang zum Meditationsgarten |
So muss ich mir meine Informationen zu Luboš Hruška und seinem Werk aus dem
Internet holen: Der gebürtige Pilsner (1927–2007) war 1949 beim Versuch, die
tschechoslowakische Grenze zu überschreiten, verhaftet und zu einer
mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Während der er zum katholischen
Glauben fand. Nach seiner Entlassung aus der Haft legte er auf seinem
Obstgarten im südlichen Stadtviertel Doudlevec nach und nach einen Park an, mit
einem Garten zur Meditation über den Leidensweg Christi, einem Kreuzweg mit
zwölf Sandsteinplastiken, einer dem heiligen Maximilian Kolbe geweihten
Kapelle: ein Denkmal den Opfern des Bösen, das heute dem Bistum Pilsen gehört.
Eine der von Roman Podráyský geschaffenen Sandsteinstatuen im Meditationsgarten |
Kein Eintritt zum Meditationsgarten also für mich (beziehungsweise für
meinen Hund). Ein meditativer Sonntag aber sollte es werden. Blieben als
Alternative eine Kirche oder ein Friedhof. Ich hatte schon eindrucksvolle
Aufnahmen vom verheerenden Hochwasser des Jahres 2002 gesehen, vom Kostel svatého
Jiří, von der Kirche St. Georg, die wie ein Insel aus den gelbbraunen, drohenden Fluten aufragte, an der Mündung der Úslava in die Berounka im nordöstlichen
Teil Pilsens.
Also fahre ich zu diesem Bauwerk, das als eine der ältesten, da
noch vor der ersten Jahrtausendwende gegründeten Kirchen Böhmens gilt. Auf
einem kleinen Hügel die mehrmals umgebaute Kirche mit dem gotischen Chor und
dem barocken Zwiebelturm, ringsum die Flussauen, die zum Sonnen einladen. Aber
die Pilsner scheinen andere Sonntagsausflugsziele zu haben. Bis auf eine
Handvoll Ruhesuchende und ein paar Radfahrer sind die Wiesen leer.
Kostel svatého Jiří, die Kirche St. Georg |
Blick durch das Eingangstor zum Friedhof |
Ich genieße
den Blick auf das Wasser, denke beim Anblick dieser heute faul und gemächlich
dahinziehenden Flüsse daran, wie es hier bei der Überschwemmung vor 13 Jahren
ausgesehen haben mochte, als alle in der Ebene gelegenen Stadtteile von Pilsen überflutet
waren.
Die Berounka bei der Kirche St. Georg in Pilsen |
Bei der Rückfahrt kehre ich in ein restaurace
ein und lasse mir Hähnchenbrust in Kartoffelpufferteig schmecken, eine köstliche
tschechische Spezialität. Bramboráky,
Kartoffelpuffer, sind seit meiner Kindheit meine Leidenschaft, und jetzt weiß
ich auch, wie man darin Hühnerbrustschreiben brät.
Und als Abschluss eines absolut erholsamen Sonntags dann vom Balkon meiner
Pension ein Bilderbuchsonnenuntergang.
1 Kommentare:
tolle Fotos, und schade, daß Sie nicht in den Meditationsgarten konnten, der ist bestimmt sehr schön,
hätte mich interessiert.
Gruß S.B.
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