Freitag, 17. Juli 2015

Westböhmen barock wiederentdeckt

Von barocken und anderen Schönheiten

Ein Highlight des unglaublich reichen Veranstaltungskalenders der Europäischen Kulturhauptstadt Pilsen ist das Programm „Neun Wochen Barock“. Kirchen und Klöster, Burgen und Schlösser, abgelegene Dörfer und viel besuchte Städte sind die Szenarien eines Mammutprojekts, das Ende Juni angelaufen ist und am 30. August zu Ende geht. Natürlich ist dabei viel barocke Musik zu hören, aufgeführt von auch international bekannten Musikern, Ensembles und Orchestern, barocke Feste werden zu Augen- und Ohrenweide, Experten halten informative Vorträge.

Zu einem Drittel ist dieses Barockfestival, das jede Woche in einem anderen Bezirk abläuft, nun schon über die Bühne gegangen.

In der ersten Woche konnten die Besucher die Nepomuk-Kirche in Nové Mitrovice entdecken,

Blick in den barocken Innenraum der Nepomuk-Kirche in Nové Mitrovice


in der zweiten Woche das Gebiet um die faszinierende, vieltürmige Stadt Klatovy, die vom Jesuitenbarock geprägt wird,

Türme in Klatovy: links der 81,60 m hohe Schwarze Turm aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, daneben die zwei Türme der Jesuitenkirche, an der um die Mitte des 17. Jahrhunderts die italienischen Baumeister Carlo Lurago und Giovanni Domenico Orsi de Orsini sowie der in Böhmen, Mähren und Schlesien viel beschäftigte, einer deutschen Künstlerfamilie entstammende, aber in Prag geborene Kilian Ignaz Dientzenhofer mitgewirkt haben

in der dritten Woche die Gegend um Stod, Dobřany und Přeštice.

Auch der Entwurf zur Mariä-Himmelfahrts-Kirche in Přeštice stammt von Kilian Ignaz Dientzenhofer.

In der jetzt kommenden, vierten Woche werde ich selbst das Barockfestival intensiver verfolgen:

im verfallenen Dorf Výškovice

Die Kapelle in Výškovice hat Kriege und Vertreibungsfolgen in nicht gerade gutem Zustand überstanden.

im Kloster Kladruby

Die Fassade der Klosterkirche in Kladruby, geschaffen von Johann Blasius Santini-Aichl, Angehöriger einer aus Oberitalien nach Böhmen zugewanderten Steinmetzfamilie

und vor allem in Planá, wo die auch vom Deutschen Kulturforum östliches Europa mehrmals engagierte, bekannte tschechische Cembalistin und Organistin Alena Hönigová spielen wird (ich werde sie noch präsentieren).

Und das reiche Programm geht mit Überraschungen und Wiederentdeckungen weiter. „Barock mit allen Sinnen erleben“ ist – wie die Kuratorin Kateřina Melenová in einem kürzlichen Interview mit Annette Kraus für Radio Prag unterstrichen hat – das Motto des Festivals, das mit mehr als 120 Veranstaltungen in rund 60 Orten gastiert. Denn Westböhmen besitzt Bauten und Kulturstätten von Weltrang. Sie waren durch die politischen Verhältnisse in Vergessenheit geraten, „revanchieren“ sich aber jetzt gebührend und treten in neuem Glanz auf den Plan. Im Bereich der Denkmalpflege hat Tschechien in den letzten Jahren und Jahrzehnten unglaublich viel aufgeholt. Vieles ist getan worden, vieles wird getan und vieles bleibt zu tun. So werden Restauratorinnen wie Marcela Sloupová, die an der (natürlich barocken) Pestsäule auf dem Hauptplatz von Starý Plzenec tätig ist, nicht so bald arbeitslos werden.


Die Restauratorin Marcela Sloupová an der Pestsäule in Starý Plzenec


Als Ergänzung zu den architektonischen Barockschönheiten möchte ich – zur Aufheiterung der Gemüter vor allem meiner männlichen Leser – zwei lebende tschechische Schönheiten anfügen, denen ich in Pilsen begegnet bin.

Lenka, aus Prag ins Pilsner Land gezogen, ist im Theater- und Musikbereich tätig.


Eine namenlose Schöne im „Inkognito“ in Pilsen (ich habe vergessen, sie nach ihrem Namen zu fragen)




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